Autor: Axel Dick, Quality Austria
Klären wir gleich zu Beginn den Begriff Greenwashing, denn Papier ist oft geduldig und bilderreiche, bunte, ungeprüfte Berichte von Konzernen werden immer wieder kritisiert. Greenwashing kaschiert z.B. versteckte Zielkonflikte, ist gekennzeichnet durch fehlende Nachweise oder Daten, die sich nicht wirklich auf Messungen und Berechnungen zurückführen lassen. Greenwashing besteht z.B. auch in der Verwendung von falschen Labels, die von unseriösen Instituten oder selbst erfunden wurden und praktisch keinen Aussagewert haben. Greenwashing fußt manchmal auf irrelevanten Aussagen und kann auch darin bestehen, ein geringeres Übel darzustellen, d.h. ein Produkt wird mit einem noch weniger umweltfreundlichen Produkt verglichen, um es in besserem Licht erscheinen zu lassen. Eine besonders dreiste Form besteht darin, schlicht Unwahrheiten zu kommunizieren. Kurzfristig mag diese Strategie funktionieren, langfristig ist dieser Weg aber nicht erfolgreich, denn die Leserinnen und Leser – und das sind nicht nur NGOs – werden kritischer und erkennen Schönfärberei.
CSR Berichterstattung nach GRI (Global Reporting Initiative) war früher oft nur in Marketing/PR angesiedelt und oftmals nicht von Dritten überprüft. Hier hat sich ein Wandel vollzogen. Zunehmend sind diese Berichte im Management verankert und werden von unabhängigen Dritten validiert.
Die Umweltberichterstattung war in der früheren Umweltmanagementnorm ISO 14001 keine allgemeine Anforderung, es war eine freiwillige Entscheidung mit festgelegten Vorgehensweisen. Es gibt dazu einen ergänzenden Leitfaden nach ISO 14063, der erst kürzlich wieder überarbeitet wurde. Mit der Revision der ISO 14001:2015 wurde auch die Anforderungen zur externen Kommunikation stärker verankert und präzisiert. Die Normanforderung findet sich im Abschnitt 7.4 der ISO 14001:2015.
Nach der EMAS-VO hatte die Umwelterklärung, die auch vom Umweltgutachter zu überprüfen und zu unterfertigen ist, schon immer einen hohen Stellenwert. Dies ist sozusagen auch ein USP in der nachvollziehbaren, glaubwürdigen, faktenbasierten Darstellung der Verbesserung der Umweltleistung. Anhang VI der EMAS VO legt die Anforderungen an die Umwelterklärung fest.
Und dann gibt es noch Produktzertifizierungen auf der Basis staatlich anerkannter Kriterien wie den Blauen Engel, das Österreichische Umweltzeichen oder anerkannte private und akkreditierte Standards wie FSC® CoC oder PEFC CoC, die es auch ermöglichen, dass im Rahmen der Zertifizierung Produkte oder Dienstleistungen gelabelt werden dürfen.
Abgrenzung zu Greenwashing
Als erste wesentliche Abgrenzung zu Greenwashing könnte man folgende Kriterien heranziehen:
- Ein anerkannter Standard definiert Kriterien oder Anforderungen:
- GRI Standards
- ISO 14001:2015 (Anforderungsstandard), ISO 14063 (ergänzender Leitfaden)
- EMAS VO, Anhang IV
- Produktzertifizierungsstandards inkl. der einzuhaltenden Trademark-Standards
- Eine unabhängige Zertifizierungsstelle oder Prüflabor überprüft die Einhaltung dieser Kriterien.
- In vielen Fällen benötigt auch die Zertifizierungsstelle eine Zulassung:
- Für ISO 14001:2015 bedarf es zusätzlich der Akkreditierung nach ISO 17021.
- Bei EMAS braucht es die Zulassung als Umweltgutachter beim Klimaschutzministerium.
- Auch für Produktzertifizierungen wie FSC® braucht es eine Zulassung bei Accreditation Services International in Bonn, für PEFC CoC eine bei der Akkreditierung Austria, für die Umweltzeichen eine beim VKI. Damit werden auch die Zertifizierungsstellen überwacht.
- Logomißbrauch kann geahndet werden durch:
- Entzug des Zertifikates
- Klagen nach UWG
- Geldstrafen, z.B. bei FSC®
Pflicht, Mühsal oder Chance?
Die Pflicht besteht nun darin, dass wenn man freiwillig ein Umweltmanagementsystem aufbaut, aufrecht erhält und verbessert, die Organisation auch Normanforderungen nach ISO 14001:2015 zu erfüllen hat. Schauen wir uns dazu kurz den relevanten Normabschnitt 7.4 an und greifen wir hier Schlüsselbegriffe heraus:
7.4 Kommunikation
7.4.1 Allgemeines
Die Organisation muss die benötigten Prozesse für die interne und externe Kommunikation in Bezug auf das
Umweltmanagementsystem aufbauen, verwirklichen und aufrechterhalten, einschließlich:
- a) worüber;
- b) wann;
- c) mit wem;
- d) wie,
kommuniziert wird.
Wenn die Organisation ihre Kommunikationsprozesse aufbaut, muss sie:
— ihren bindenden Verpflichtungen Rechnung tragen;
— sicherstellen, dass die kommunizierte umweltbezogene Information mit der Information übereinstimmt, die innerhalb des Umweltmanagementsystems erzeugt wird und dass diese verlässlich ist.
Die Organisation muss auf relevante Äußerungen bezogen auf ihr Umweltmanagementsystem reagieren. Die Organisation muss, soweit angemessen, dokumentierte Informationen als Nachweis für ihre Kommunikation aufbewahren.
Prozess und Zielgruppen
Es braucht also einen Kommunikationsprozess. Dieser umfasst auch die Kommunikation nach außen, z.B. zu Lieferanten, zur Behörde, zu Kunden, u.U. auch zu Investoren, Banken, Versicherungen. Welche umweltrelevanten Informationen sind für diese Zielgruppen wichtig?
Der Lieferant wird z.B. aufgefordert, Energieeffizienzkriterien zu berücksichtigen oder bestimmte gefährliche Arbeitsstoffe auszuschließen. Der Behörde gegenüber sind z.B. Meldepflichten einzuhalten. Kunden will man über Umweltvorteile oder umweltrelevante Informationen beim Gebrauch oder bei der Entsorgung in Kenntnis setzen.
Der Finanzmarkt interessiert sich zunehmend für die Beiträge der Unternehmen zum Schutz des Klimas, ein aktuelles Stichwort dazu ist die Europäische Taxonomie Verordnung. Relevante Äußerungen bezogen auf ihr Umweltmanagementsystem können z.B. Beschwerden von Nachbarn, Bürgerinitiativen NGOs wegen Lärm, Staub, Emissionen in Luft oder Wasser sein. Die Liste der Beispiele könnte hier noch länger ausfallen. Wer ist hier jeweils für die Kommunikation je Zielgruppe verantwortlich? Wer kümmert sich im Unternehmen darum?
Rechtliche Rahmenbedingungen
Im Kommunikationsprozess sind rechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen. Rechtliche Anforderungen ergeben sich aus dem Umweltinformationsgesetz (UIG) oder bei großen Unternehmen, die im öffentlichen Interesse stehen, aus dem Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG). U.U. sind Krisenkommunikationspläne im Falle von Vorfällen oder Unfällen nötig. Es gibt rechtliche Pflichten, die aber grundsätzlich für alle betroffenen Unternehmen gelten, unabhängig ob zertifiziert oder nicht zertifiziert. Im Audit überprüft der Umweltauditor, ob das Unternehmen diese Verpflichtungen auch richtig umsetzt. Das fördert auch die Rechtssicherheit für die Organisation und am Ende für den Geschäftsführer. Das UIG wird manchmal stiefmütterlich behandelt, weil es Unternehmen nicht immer bekannt ist.
Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit
Die kommunizierten Informationen und Daten müssen korrekt sowie verlässlich sein und sich auf Messungen, interne und/oder externen Prüfungen bzw. Berechnungen zurückführen lassen. Es ist erlaubt, die Daten im Sinne eines modernen Informationsdesigns aufzubereiten, z.B. als Trenddarstellungen, Indexierungen, Grafiken, Vergleiche, um das Verständnis komplexer Zusammenhänge zu fördern und zu vereinfachen.
Zwischenbilanz zu Pflicht und Mühsal
- Die rechtlichen Pflichten bestehen grundsätzlich, also unabhängig von der ISO 14001 Zertifizierung, für die Betriebe, die von den Gesetzen jeweils adressiert werden.
- Eine zusätzliche freiwillige Verpflichtung besteht, wenn man sich zur ISO 14001 Zertifizierung entschließt
- Es ist keine zusätzliche Mühsal, wenn das Managementsystem vorher schon genau und gut festlegt, was, wann wie oft gemessen oder überprüft werden muss.
Die externe Kommunikation gewinnt noch zusätzlich an Bedeutung, wenn man bedenkt, dass die Organisationen nach Abschnitt 4 die relevanten interessierten Parteien und ihre relevanten Erfordernisse und Erwartungen zu informieren hat. Das geht am Ende nur, wenn man in einen Dialog tritt, z.B. durch Interviews, Workshops, etc., man muss also Abschnitt 4 und Abschnitt 7.4 im Zusammenhang sehen. Das ist auch eine Anforderung nach GRI oder ONR 192500.
Worin liegen nun die Chancen?
- Der regelmäßige Dialog mit den relevanten interessierten Parteien lässt früh neue Entwicklungen und Trends erkennen.
- Potentielle Konflikte mit Anrainern lassen sich vermeiden.
- Zielgruppenspezifische Aufbereitung von Informationen fördert das Verständnis.
- Die Einhaltung bindender Verpflichtungen fördert die Beziehung zur Behörde oder das Vertrauen der Finanzmärkte.
- Krise: Mit einem festgelegten Krisenkommunikationsprozess gewinnt man Zeit, weil man die richtige Dinge in einer Stresssituation richtig tut.
- Tue Gutes und sprich darüber: Die Kommunikation der Verbesserung der Umweltleistungen fördert das Vertrauen, ein immer wichtigeres Asset in einer schnelllebigen Zeit.
- Risikoprävention: Damit beugt man präventiv möglichen Shitstorms vor.
- Mitarbeiteridentifikation: MitarbeiterInnen lesen erfahrungsgemäß gerne Umwelterklärungen oder GRI Nachhaltigkeitsberichte, um mehr über ihr Unternehmen zu erfahren. Das fördert die Identifikation mit dem Unternehmen. Diese MitarbeiterInnen sind wichtige Markenbotschafter.
- Employer Branding: In der Suche nach neuen qualifizierten Mitarbeitenden kann die wahrgenommene Verantwortung ein Pluspunkt für ihr Unternehmen sein.
- Marke: Die Marke wird gestärkt.
In der aktuellen Corona-Krise ist die systematische, gezielte und abgestimmte Kommunikation der Regierung ein wichtiger Erfolgsfaktor, in kurzer Zeit alle Zielgruppen zu erreichen und zum Mittun zu gewinnen. Das zeigt, wie mächtig Kommunikation ist oder sein kann. In der Umsetzung der Umweltkommunikation der Unternehmen sehe ich aber noch Luft nach oben, nicht alle Chancen werden gesehen und genutzt.