50 Jahre Club of Rome – Bericht „Die Grenzen des Wachstums“
Am Montag, den 2. Mai 2022, fand die Jubiläumsveranstaltung des Club of Rome, Austrian Chapter, in der Österreichischen Nationalbank in Wien statt. Denn vor 50 Jahren wurde der erste Bericht des Club of Rome mit dem Titel „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht. Wir wissen also schon ganz schön lang, dass die Ressourcen auf unserem endlichen Planeten Erde nicht unbegrenzt sind und wir damit besser haushalten müssen. Heuer fiel der Earth Overshoot Day in Österreich übrigens auf den 5. Mai – d.h. wir haben bereits jetzt sämtliche Ressourcen verbraucht, die der Planet in einem Jahr wieder herstellen kann.
Prof. Dr. René Schmidpeter, der Leiter des wissenschaftlichen Beirates des CSR Dialogforums (das das eccos22® Management Assessment in einem Stakeholderprozess entwickelt hat), hat eine der Paneldiskussionen moderiert. Anschließend haben wir beschlossen, eine Rückschau auf diesen tollen Event mit einigen Highlights als #breakthroughtursday-Beitrag zu gestalten.
Die Kernaussage der Key Note von David Korten ist eines davon, das eindrückliche Bild mit den Händen war das durchgängige Sujet der Veranstaltung.
Es wurden viele schöne Zitate genannt, u.a. jenes von Bruno Kreisky, der unsere aktuelle Situation auf den Punkt bringt: „Früher hat der Mensch gegen die Natur gekämpft, jetzt kämpft er gegen das, was er der Natur angetan hat.“ Daneben hat Hannes Swoboda in seinem Einleitungsstatement viele wichtige Herausforderungen adressiert, wie z.B. nachhaltige Energiesicherheit und die notwendige Energiewende, Fachkräftemangel, Verteilungsproblematik, Lebensmittelpreise, Kreislaufwirtschaft, Demokratie und Frieden – für das alles sei eine umfassende Transformationsstrategie in Richtung Nachhaltigkeit notwendig!
Ernst Ulrich von Weizsäcker riet auf „Balance statt Decline“ zu setzen, um die Transformation voranzutreiben. Wichtig sei es, die Lebensqualität mit dem Ressourcenverbrauch in Einklang zu bringen. Hinzu käme noch die Verknappung hinsichtlich Fähigkeiten, um die Transformation zu bewältigen und kurzfristige wie langfristige Herausforderungen entsprechend zu adressieren – Bildung also ein weiterer wichtiger Eckpfeiler.
Die „Implementation Roadmap“ des Club of Rome in einer schematischen Darstellung fasst die Themen zusammen: A steht für „Enabler“, B für „privaten Konsum“ und C für den „konzeptionellen Rahmen“.
Highlights aus den drei Paneldiskussionen
In den Paneldiskussionen wurden anschließend diese drei Bereiche diskutiert, auch hieraus haben wir einige Highlights zusammengefasst:
Panel A: Enabler (Energie, Finanzierung, Ressourcen) mit den Gästen Christiane Brunner, Thomas Jakl, Stefan Schleicher und Andreas Breitenfellner.
Thomas Jakl, Koordinator der Kreislaufwirtschaftsstrategie Österreich, unterstrich die Wichtigkeit des Umstiegs auf Kreislaufwirtschaft unter Einbindung aller Sektoren mit dem Kernthema der Ressourceneffizienz. Dafür benötige es den Zugang „Leistung statt Produkt“ sowie das Zusammenbringen des Know How von Anwender*innen- und Produzent*innen. Die EU-Taxonomieverordnung werde dazu einen großen Beitrag leisten, der Finanzierungsbedarf allein in Österreich auch im Bereich Infrastruktur läge bei rund 17 Mrd. bis 2030. Stefan Schleicher, WIFO, berichtete von einer gewissen Hilflosigkeit gegenüber aktuellen Herausforderungen auch seitens des EU Parlaments und beklagte, dass fragmentarische Zugänge keine Lösung böten. Es benötige vielmehr eine kopernikanische Wende im Sinne eines holistischen Ansatzes. Wir benötigten viel mehr Design Thinking-Überlegungen, diese sollten aber multifunktional sein, um bereichsübergreifende Lösungen zu erarbeiten.
Panel B: Privater Konsum (Wohnen, Ernährung, Mobilität,
Produkte & Dienstleistungen) mit den Gästen Silvia Angelo, Henriette Spyra, Martin Strele und Alexandra Wegscheider-Pichler.
Alexandra Wegscheider-Pichler, Statistik Austria, berichtete von über 200 SDG-Indikatoren in Österreich, z.B. Ressourcen-, Boden- und Energieverbrauch. Biodiversität hat leider noch keinen Indikator, ebenso wie Gendergerechtigkeit oder Armutsverteilung. Die Lebenszufriedenheit wird seit 10 Jahren erhoben und ist auch mit dem Wirtschaftsabschwung seit 2012 nicht gesunken. Henriette Spyra, Umweltbundesamt, wünschte sich eine Innovationsunterstützung der öffentlichen Hand, um die Diskrepanz zwischen linearen und disruptiven Ansätzen aufzulösen. Bräuchten wir dafür „transformation by desaster“? Disruption sei nicht planbar, daher bräuchten wir radikale Kollaboration und eine Wertehaltung im Transformationsprozess. Weg von einer Input-Logik hin zu einer Impact-Logik, einerseits radikaler und andererseits detaillierter müsse die Vorgehensweise sein, um mit den extremen Umwälzungen umgehen zu können. Silvia Angelo, ÖBB Infrastruktur, sah in der Mobilität ein „Sorgenkind“, denn Infrastrukturprojekte seien ein massiver Eingriff in die Natur und damit auch Teil des Problems. Arbeit bestimme das Mobilitätsverhalten, die Produktion bestimme das Transportverhalten. Güterverkehr auf der Schiene zahle sich erst ab 500 km Entfernung aus, der Ausbau der Güterterminals müsse möglichst ressourcenschonend gestaltet werden. Im Personenverkehr sei Österreich gut, der private Verkehr fände überwiegend unter 10 km Distanz statt. Abschließend präsentierte Martin Strele ein interessantes Projekt aus Vorarlberg, das nachhaltigen Konsum zum Thema macht. Es müsse gelingen, Indikatoren für alle Menschen verständlich zu machen. Sein Ansatz sei ein 100-Punkte-System, jeder Mensch müsse damit auskommen. Jede/r Österreicher/in verbrauche rund 450 Punkte pro Tag. Es gäbe eine digitale App für schnelle Punktemessung, dabei wäre es wichtig, die größten Hebel zu identifizieren. Zusätzlich sei Mäßigung bzw. Balance statt Verzicht ein möglicher Ansatz.
Panel C: konzeptioneller Rahmen (Werte & Normen, Kreislauf,
planetare Grenzen, Messung) mit den Gästen Ernst Ulrich von Weizsäcker, Mathias Schüz, Christoph Scharff und Magdalena Frauenberger.
Das letzte Panel startete mit Ernst Ulrich von Weizsäcker, Club of Rome, und dem Begriff „Räuberökonomie“, bei der die Folgen der Handlungen ausgeblendet werden. Es gehe um Fairness, Kostenwahrheit und ethische Vorgehensweisen, d.h. respektvoller Umgang und fairer Tausch statt Raub. Der Tausch stehe zwischen Geschenk und Raub, hier könne man ansetzen! Für ihn gelte: je mehr Globalisierung, desto weniger Kreislaufwirtschaft und es sei skandalös, dass weltweit z.B. nur rund 1% der metallischen Elemente recycelt würden. Daher müssten Primärmaterialien extrem verteuert werden, um Verschwendung zu stoppen. Über eine Ökosteuer müssten Gelder an Schwellenländer fließen. Magdalena Frauenberger Fridays For Future, bemängelte die Sinnhaftigkeit von Berichten wie jenem des IPCC, solange diese nichts bewirkten. Man müsse auch sehen, dass wir derzeit u.a. auf saubere Luft, Lebensqualität und gute Lebensräume in Städten verzichteten. Wirtschaft, Politik und Ethik müssten zusammen gedacht werden und Menschen müssten sich als Teil der Natur reintegrieren. Sie gehöre einer jungen Generation an, die mit multiplen Krisen aufwachse. Für sie gelte es, Werte und Zusammenhalt wiederzuentdecken, ganz im Sinne des Buches von Rutger Bregman „Im Grunde gut“. Christoph Scharff, ARA, stellte fest, dass Kreislaufwirtschaft eigentlich eine Haltung wäre. Wir müssten überlegen, welche Bedürfnisse wir möglichst ressourceneffizient befriedigen könnten, welche Ressourcen wir dafür bräuchten und wie diese einzusetzen wären – Stichwort „urban mining“. Zusätzlich müsse Nachhaltigkeit transparent und messbar werden. Mathias Schüz, deutscher Philosoph und Unternehmensethiker, brachte notwendige Veränderungen an den Universitäten ins Spiel. Es brauche eine EQUIS-Akkreditierung, Ethik müsse mehr ins Zentrum gerückt werden, und zwar als add-in und nicht nur als add-on! Eine Rückholaktion der Wirtschaftsuniversitäten für Betriebswirte mit Nachschulung in Fragen der Nachhaltigkeit wäre absolut wünschenswert. Greenwashing und Berichterstattung müsse man ebenfalls überdenken, denn Neutralität gäbe es weder in der Wissenschaft noch in den Medien. Er plädiere für eine „biozentrische Ethik“, denn Achtsamkeit und Empathie sei in Bezug zur Natur wichtig.
Zum Abschluss gab es Fragen vom Podium zum Nachdenken für das Publikum:
- Wie gewinnen wir die Herzen? Was ist besser, wenn ich an eine nachhaltige Welt denke?
- Was ist meine moralische Verantwortung als Mensch, wie wir diesen Planeten hinterlassen wollen? Was ist radikal, wenn es um existentielle Fragen geht?
- Wie kann man die Stärke des Rechts gegen das Recht des Stärkeren durchsetzen?
- Wir schaffen wir es, dass der Kapitalismus die ökologische Wahrheit sagen muss?
Viel Spaß beim Beantworten dieser durchaus spannenden Fragen aus eigener Sicht. Wir freuen uns, wenn wir auch Sie/Euch, unsere Leser*innen, damit zu neuen Erkenntnissen, viel radikaler Kooperation, mehr Balance statt Decline, Impact-Logik statt Input-Logik, mehr Ethik und einer Reintegration des Menschen in die Natur finden!
Für Fragen zu unseren eccos22®-Angeboten stehe ich gerne unter meiner Mobilnummer 0699-11367181 zur Verfügung!